Aufgeschnittenes Lammrack, mangels Lammfett in Rinderfett gebraten. In Anastasias Heimat wird extra für Dimlama eine fettreiche Lammart gezüchtet.
«Bis zwölf habe ich nicht in der Schweiz, sondern in Kirgistan gelebt. Ein Land, das ethnisch ebenso bunt gemischt ist wie kulinarisch. Meine Kindheit war darum von verschiedensten Esseinflüssen geprägt. Eines hatten die Gerichte gemeinsam: Sie waren deftig, nahrhaft und wurden häufig auf dem Feuer zubereitet. Wir haben so oft draussen gekocht und gegessen, dass mein Vater für den Fall der Fälle immer ein Sackmesser unter dem Autositz deponiert hatte. Der Ablauf war stets gleich: Fürs Feuer waren die Männer zuständig – darum ist heute auch mein Freund Sean dabei –, die Frauen bereiteten derweil alle Zutaten vor. Wir Kinder halfen mal da, mal dort mit, schnitten Gemüse in Stücke, sammelten Holz und freuten uns aufs Essen direkt ab Feuer.
Schicht für Schicht
Wobei, für Dimlama galt diese Freude jeweils nur bedingt. Das viele Gemüse habe ich als Kind gehasst. Also pickte ich immer nur die Fleisch- und Kartoffelstücke heraus. Heute liebe ich den Eintopf so sehr, dass er beim letzten Besuch in Kirgistan mein Ferienhighlight war. Mein Bruder lässt alle unsere Kindheitserinnerungen für seine eigenen Kinder wieder aufleben und hat uns so bei einer Einladung den herrlichsten Dimlama zubereitet. Im Originalrezept schichtet man dafür die Zutaten in einer kalten Gusseisenpfanne übereinander: zuunterst Fett und Fleisch, dann Zwiebeln, Karotten, Peperoni, Auberginen, Tomaten, Kartoffeln und zuoberst Kohlblätter, mit denen man die verschiedenen Zutaten möglichst fest zusammenpresst. Dazu eine Handvoll Chilis, Knoblauch und ganz viele Kräuter. Steht der Topf auf dem Rost, wird vorsichtig eingefeuert, damit Fleisch und Gemüse langsam dämpfen können. Danach gilt es, die Berufsneugier eineinhalb Stunden lang im Zaum zu halten: Der Deckel sollte während dem Dämpfen auf gar keinen Fall angehoben werden.
Dank dem langsamen Einfeuern benötigt der Eintopf neben dem Saft der Tomaten keine zusätzliche Flüssigkeit.
Geschmacksspektakel
Belohnt wird man mit einem Gericht, das neben dem Bauch auch die Seele wärmt. Am allermeisten mag ich, dass die Zutaten gedämpft statt gebraten werden und dadurch ihr volles Aroma entfalten. Eine Wucht an Geschmack, die ich an der Schweizer Küche manchmal etwas vermisse – das muss ich ehrlich zugeben. So sehr ich Rösti mit Bratwurst und Zwiebelsauce liebe: In gewürztechnischer Hinsicht ist die Schweiz ziemlich eintönig. Koriander, Kreuzkümmel, Chili und Knoblauch gehören darum auch hier zu meinen ständigen Begleitern.»