Er hat schon fast alles gewonnen – Steven Duss war LCDJ-Sieger 2014, hat im selben Jahr auch die SwissSkills gewonnen und 2015 bei den WorldSkills in São Paulo den 2. Platz erreicht. Beim Marmite Youngsters landete er 2015 und 2016 auf dem 6. Platz, und mit der Juniorenkochnationalmannschaft holte er an der Kocholympiade 2016 in Erfurt zwei Goldmedaillen und den Vizeweltmeistertitel.
Wir wollen mit Steven aber nicht über seine Erfolge sprechen, sondern darüber, was er auf seinem Weg dorthin alles erlebt hat.
Steven, gleich nach deiner Lehre im «Bären» Utzenstorf hast du fast eineinhalb Jahre lang als Commis im «Mille sens» in Bern gearbeitet. Danach bist du für verschiedene Stages durch die Welt gereist. Wie kam es dazu?
Als Sieger bei den SwissSkills 2014 holte ich damals automatisch mein Ticket für die WorldSkills 2015 in São Paulo – und verpflichtete mich gleichzeitig dazu, alles zu unternehmen, um in Brasilien erfolgreich zu sein. Stages in verschiedenen Küchen zu machen, gehörte für mich nebst intensivem Training dazu.
Wohin hat es dich damals verschlagen?
Zuerst war ich einen Monat in Thailand, im Anantara Chiang Mai Resort. Anschliessend durfte ich für drei Wochen bei Rasmus Kofoed im «Geranium» in Kopenhagen arbeiten. Und schliesslich war ich kurz vor den WorldSkills schon einmal in Brasilien und habe während eines weiteren Monats Stages im «D.O.M.» bei Alex Atala und im «Renaissance» in São Paulo absolviert.
Wie schafft man es denn in so renommierte Küchen? Hast du alle diese Stages selbst organisiert?
Mehrheitlich schon, ja. An den verschiedenen Kochwettbewerben habe ich viele Leute kennengelernt und konnte mir ein grosses Netzwerk aufbauen. Das hat viel geholfen: Über sieben Ecken kennt man immer jemanden, der jemanden kennt, der einem zu einem Stage verhelfen kann. In Brasilien war es zum Beispiel der Reiseveranstalter, der für die Reisen der Schweizer Delegation der SwissSkills zuständig ist, der Kontakte ins «D.O.M.» hatte.
Und wie hast du diese Reisen finanziert?
Das meiste habe ich aus meiner eigenen Tasche bezahlt. Für die Stages bekommt man meistens einfach Kost und Logis – der Lohn ist ganz einfach die Erfahrung, die du sammelst.
Bist du reich geworden?
An Erfahrungen? Ja, ganz klar. In Thailand war’s zuerst einmal eine Herausforderung, mich in einer Küche zurechtzufinden, in der ausser dem Sous-Chef niemand wirklich Englisch konnte. Da geht’s eine Weile, bis du nur schon das System schnallst, nach dem sie arbeiten. Aber dafür habe ich eine Unmenge an neuen Gewürzen und Lebensmitteln kennengelernt – und auch Zubereitungsarten, bei Fleisch etwa, das weniger angebraten als vielmehr im Curry geschmort wird.
Und ich hatte viel Freizeit. Da sind wir dann durch die Märkte gezogen und haben in den Strassenküchen alles Mögliche und Unmögliche ausprobiert. Insekten zum Beispiel. Die darf man ja jetzt bald auch in der Schweiz servieren – ich habe mich schon für einen Kurs angemeldet!
Etwas weniger Zeit für Entdeckungsreisen gab’s dann wohl in Kopenhagen?
Ja, in Rasmus Kofoeds Sterneküche herrschte ein anderer Rhythmus. Dort arbeiteten wir jeweils vier Tage am Stück während 16 Stunden. Da hatte ich an den freien Tagen wenig Energie für Entdeckungsreisen. Interessant war bei ihm, dass die Küche nicht klassisch aufgeteilt ist, sondern in Teams, die jeweils für zwei bis drei Gänge zuständig waren. Ich konnte in jedem Team mal mitarbeiten. Das war unglaublich lehrreich – vor allem aus technischer Sicht. Jeder Gang war ein Kunstwerk, jedes Produkt wurde durch die Zubereitung veredelt. Wir haben Produkte zu Papier verarbeitet, oder zu Asche, haben Säfte aus allem Möglichen gemacht, fermentiert, geliert, gekeimt, und, und, und.
Eine strenge und lehrreiche Zeit. Anschliessend ging’s nach Brasilien. Konntest du’s da etwas ruhiger angehen lassen?
Nach Brasilien ging ich vor allem auch, um mich mit den einheimischen Produkten vertraut zu machen – als Vorbereitung für die WorldSkills. Dabei ging’s mir nicht einmal um irgendwelche speziellen Produkte, nur schon einfach Milch, Mehl und Butter sind in vielen Ländern anders als in der Schweiz – zum Beispiel vom Fettgehalt her.
Am Anfang, im «D.O.M.», war es einerseits sehr interessant, zu sehen, wie Alex Atala arbeitet. Er setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit den lokalen Bauern und hat eine eigene Stiftung, mit der er sie unterstützt, damit sie die Produkte anpflanzen können, die er für seine Küche braucht. Kochtechnisch konnte ich weniger profitieren, da ich als Praktikant vor allem fürs Mise en Place zuständig war und jeden Tag dasselbe machte. Darum habe ich mir nach zwei Wochen über Freunde einen Stage im Hotel Renaissance organisiert. Die haben neben einer eigenen Bäckerei eine Patisserie, eine Buffet-Küche, eine grosse Küche für die Hotelgäste und ein eigenes Restaurant. Da konnte ich wieder viel lernen und profitieren.
Wenn du rückblickend Bilanz ziehst, lohnt es sich also, zu reisen und in andere Küchen zu schauen?
Ja, unbedingt. Es tut immer gut, seine Komfortzone zu verlassen und neue Erfahrungen zu machen. Stages sind manchmal heftig, aber auch unglaublich lehrreich. Jede Küche funktioniert anders. Ich habe andere Kulturen kennengelernt, viele neue Produkte und andere Arten, Menüs zu kreieren und zu kochen. Ich habe von jedem Stage etwas anderes mitgenommen und würde immer wieder gehen!
Wie geht denn deine eigene Reise nun weiter?
Ich arbeite noch bis Ende April 2017 als Chef Entremetier bei Käthi Fässler im Hotel Hof Weissbad. Im Juni schliesse ich dann meine Ausbildung zum Chefkoch ab und trete meine neue Stelle als Chef Tournant im «Kursaal» Bern an.
Vielleicht zieht’s mich später noch mal ins Ausland, aber momentan bin ich ziemlich an die Schweiz gebunden. Seit Anfang 2017 bin ich Teamcaptain der Juniorenkochnationalmannschaft und will mich so viel wie möglich den Trainings für die Kochweltmeisterschaften 2018 in Luxemburg widmen.
Wir sind gespannt und drücken natürlich die Daumen. Danke für das gute Gespräch, Steven.