Ausgezeichnet

Beim Geissen-Toni: Gras, Milch und Fleisch im natürlichen Kreislauf

Herobild Geissen-Toni
Wo Ziegenfleisch auf der Karte steht, ist die Geissäheimet Meierskählen meist nicht weit. Hier hält Käser und Ziegenbauer Toni Odermatt rund 120 Toggenburgerziegen und verwertet und verkauft neben ihrer Milch auch ihr Fleisch.

Als wir von der Weide zurückkommen, ist der Küchentisch reich gedeckt. Gigot und Koteletts hat Toni Odermatts Mutter Marlies für uns vorbereitet, seine Partnerin Anita Zöhrer schneidet eine Trockenwurst auf. So zeigt sich auf einen Blick, wie vielfältig die Möglichkeiten von Gitzi- und Ziegenfleisch sind. Schmoren bezeichnet der Ziegenexperte als Zubereitungsart Nummer eins, primär aufgrund der längeren Garzeiten, aber auch, «weil damit die Kraft des Knochens am einfachsten und direktesten ins Fleisch gelangt». 

Ein Tier, viele Zubereitungsmöglichkeiten

Soll das Fleisch knochenlos aufgetischt werden, lässt es sich nach dem Schmoren verzupfen und zum Beispiel in einem Burger- oder Pitabrot servieren. Alternativ kann es auch sous-vide gegart werden. «Hauptsache, es kommt nicht rosa auf den Tisch. Anders als Lamm würde Ziege so nicht schmecken», so Odermatt. Wer trotzdem Kurzbratstücke auf die Karte setzen möchte, greift zu den Koteletts; die Trockenwürste eignen sich wunderbar für Apéroplättchen, ebenso das Trockenfleisch. «Davon haben wir aber gerade nichts vorrätig.» Es ist einer der Grundsätze, nach denen hier gewirtschaftet wird: Es hat, was es hat. Leber hätten sie darum schon lange nicht mehr essen können, sagt er und lacht. «Ziegeninnereien gelten als Delikatessen und sind entsprechend gesucht. Dass davon nach den Gastrolieferungen und dem Wochenmarkt etwas für uns übrig bleibt, ist sehr selten.» 

Dem Standort entsprechend 

Gewonnen und verarbeitet werden sowohl Käse als auch Fleisch direkt auf dem Hof, was viele Ressourcen spart und gleichzeitig Kreisläufe greifbar macht. An deren Anfang stehen die Weiden am Fusse des Stanserhorns. Hanglage, Waldränder und Hecken machen sie zusammen mit den reichhaltigen Gräsern und Kräutern zum Ziegenparadies. «Hafer und Linsen würden hier nicht funktionieren», hält Toni Odermatt mit Blick auf den Zeitgeist fest. «Wollen wir dem Standort entsprechend wirtschaften, sind wir auf Rauverzehrer wie Ziegen angewiesen.» Daneben erhalten die Tiere Heu – und Milch vom Nachbarshof. «Ob mit Milch oder Milchpulver gemästet wird, beeinflusst die Fleischqualität enorm. Ganz abgesehen davon, dass Milchpulver nichts mit Naturnähe zu tun hat und damit nicht zu uns passen würde.» Lieber wirtschaftet er im Einklang mit der Natur und wird nicht müde, den Zusammenhang zwischen Ziegenkäse und -fleisch zu betonen. «Mit Ziegenkäse fällt automatisch auch Ziegenfleisch an, das eine geht nicht ohne das andere. Man kann also nicht das eine feiern und das andere verteufeln.» 

Gefragtes Gitzi

Die Vorbehalte gegenüber Ziegenfleisch seien weniger geworden, sagen Toni Odermatt und seine Mutter einstimmig. «Trotzdem ginge es nicht ohne Gastronominnen und Gastronomen, die das einfach mal ausprobieren wollen – und Gäste, die sich darauf einlassen.» Ein solches Beispiel ist die Rosenburg in Stans. Neben Ziegenkäsen in verschiedenen Reifegraden ist Odermatts Gitzi hier im Frühling und im Herbst fester Menübestandteil und sehr gefragt, wie uns Küchenchef Pascal Bilo verrät.