Eine Frage der Haltung
Kleinräumige Landwirtschaft und eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt – das Tierwohl wird in der Schweizer Rindviehhaltung grossgeschrieben.
Die meisten Schweizer Landwirtschaftsbetriebe sind Familienbetriebe. Als solche haben sie meist mehrere Standbeine und setzen selten nur auf die Rinder- oder Kälbermast.
In Familienbetrieben sind die Tier bestände überschaubar und Bauern und Bäuerinnen haben täglich Kontakt mit ihren Tieren. Zudem regeln Gesetze die Höchstbestände; Auch das verhindert Massentierhaltung im industriellen Mass.
Mit Programmen wie BTS (besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme) oder RAUS (regelmässiger Auslauf) fördert der Staat verantwortungsvolle Tierhaltung zusätzlich.
Keine Milch ohne Fleisch
Wo Milch produziert wird, entsteht auch Fleisch – das ist ein natürlicher Kreislauf in einem funktionierenden landwirtschaftlichen System.
Die Schweiz ist auch heute noch ein «Milchland». Und wer auf Milch setzt, hat auch Fleisch. Denn eine Kuh gibt nur Milch, wenn sie jährlich ein Kalb gebärt.
Diese Kälber – sofern sie nicht zur Nachzucht verwendet werden – kommen in die Kälber- oder Rindermast. Das ist der Grund, dass man in der Schweiz statt auf hochspezialisierte Milch- oder Fleischrassen oft auf sogenannte Zweitnutzungsrassen setzt. Diese geben anständig Milch und haben dennoch Potenzial, gut Fleisch anzusetzen. Eine der berühmtesten Schweizer Zweitnutzungsrassen ist die Simmentaler Kuh.
Grasland Schweiz
Gras ist der wichtigste Rohstoff für die Schweizer Milch- und Fleischproduktion. Den Raufutterbedarf ihres Rindviehs deckt die Schweiz zu 100% selber.
Auf mehr als zwei Dritteln der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in der Schweiz wächst klimatisch und landschaftlich bedingt nur Gras.
Gut, braucht Rindvieh zum Leben vor allem Gras! 87% eines artgerechten Rindvieh- Speiseplans bestehen aus Gras, Heu oder Silage. Die Schweiz kann so rund 90% des gesamten Futterbedarfs ihrer Rinder, Kälber und Kühe selber decken. Auch protein- und stärke reiches Kraftfutter wie Weizen oder Mais wird in der Schweiz produziert. Zudem werden auch Nebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion als Futtermittel verwendet. Nur etwa 10% der gesamthaft benötigten Futtermittel werden importiert.
Weiss, rosa, rot?
Die Farbe von Kalbfleisch sorgt auch heute noch für rote Köpfe. Weiss, zartrosa oder fast so rot wie Rind? Alles eine Frage der Fütterung.
Es gab Zeiten, da hatte Kalbfleisch so hell wie möglich – fast weiss – zu sein. Helles Kalbfleisch unterscheidet sich optisch, aber auch geschmacklich von Rindfleisch. Auch heute noch rechtfertigt man den höheren Preis von Kalbfleisch über die Farbe.
Doch wie entsteht die Fleischfarbe überhaupt? Sobald Kälber sich neben Muttermilch auch mit Raufutter wie Gras oder Heu ernähren, wird ihr Fleisch aufgrund der Eisenzufuhr rötlich. Wenn man den Tieren dieses Eisen aus der Nahrung vorenthält, führt das zu Mangelerscheinungen. Darum ist die Kälbermast seit 2013 gesetzlich verpflichtet, die Tiere artgerecht zu ernähren und mit genügend Raufutter zu versorgen.
Kontrolle ist besser
Der Schlachtvorgang ist der am meisten regulierte Bereich der Fleischproduktion. So gelten auf Schweizer Schlachthöfen strengste Tierschutzvorschriften.
Für gute Fleischqualität und Respekt gegenüber dem Tier setzt man in der Schweiz auf einen möglichst stressfreien Schlachtablauf. Rinder, Kälber und Kühe dürfen laut Gesetz nicht länger als acht Stunden in einem Transporter verbringen.
Eventuelle Wartezeiten im Schlachthof werden so kurz wie möglich gehalten. In Schweizer Schlachthöfen arbeiten gut ausgebildete Fachleute, die auch im Umgang mit den lebenden Tieren geschult sind. Ihre Arbeit und die Einhaltung der Tierschutzvorgaben werden in jedem Schlachthof von unabhängigen Stellen überwacht.
Gewusst?
Ob alte Milchkuh oder ausgedienter Zuchtbulle – in der Schweiz kommt auch das Fleisch älterer Tiere auf den Markt.
Haben Kühe als Milch- oder Zuchttiere ausgedient, wird ihr Fleisch selbstverständlich verwertet. Im Schnitt sind diese Tiere dann fünf- bis sechsjährig. Kuhfleisch wird immer als Verarbeitungsfleisch – zum Beispiel für die Wurst- oder Trockenfleischproduktion – gehandelt. Auch das Fleisch von älteren Stieren fällt in diese Kategorie