Fleischkunde
Kochen mit Blut
Sechs Schweine und ein ganzes Rind haben Köchin Margaretha Jüngling und ihr Team während ihres Sommer-Pop-up-Restaurants verarbeitet. Und wenn Margaretha Jüngling «ganz» sagt, dann meint sie das auch so. Bei ihren Fleischproduzenten bestellt sie dann neben Innereien, Haut und Fett auch immer das Blut des jeweiligen Tieres. «Wenn man das Blut will, muss man das immer extra erwähnen, denn für gewöhnlich wird das Blut entsorgt.» Und so hatte Jüngling im vergangenen Sommer auch einige Liter Blut im Gefrierer. «Frisches Blut würde ich innerhalb von zwei Tagen verarbeiten. Denn der Geschmack wird zu intensiv bei älterem Blut. Gefroren lässt sich Blut jedoch lange aufbewahren, ohne dabei seine Eigenschaften zu verlieren.»
Gute Kombinationen
Diese Eigenschaften sind es denn auch, die Blut zu einer vielseitigen Zutat in der Küche machen. Jüngling schätzt Blut zum Beispiel als Aromageber: «Die Schwere und das Metallische sind extrem spannend. Man darf es allerdings nicht übertreiben. Darum verwende ich Blut höchstens einmal pro Menü und fast nie in Kombination mit Fleisch.» Blut – so Jüngling – brauche leichte, frische Kontraste. Zum Beispiel Kräuter wie Minze, Dill, Verveine oder Kerbel. Die Kombination von Blut und Früchten ist schon eher geläufig und gemäss Jüngling auch immer zu empfehlen. Alles andere als leicht, ist die Verbindung von Blut mit dunkler Schokolade. Doch die schwere Süsse und das Mineralische harmonieren hervorragend.
Blut statt Ei
Eine weitere eindrückliche Eigenschaft von Blut ist die, dass es das Ei ersetzen kann. Blut ist sehr proteinreich und weist eine ähnliche Proteinstruktur auf wie ein Ei. «Man kann Blut deshalb auch zum Binden brauchen», verrät Jüngling, «zum Beispiel für schön sämige Saucen. Dabei muss man wie beim Binden mit Ei darauf achten, dass das Blut nicht durch zu hohe Temperaturen gerinnt.» Noch spektakulärer ist die Tatsache, dass man Blut schaumig schlagen kann wie Eiweiss. «Schlägt man Blut, wird es pink und zu einem stabilen Schaum – perfekt zum Backen von Biskuitteigen oder Meringues.» Was die Mengen anbelangt, setze sie das Blut oft nach Gefühl ein, so Jüngling. In Zahlen entsprächen aber etwa 65 g Blut einem ganzen Ei.
Wie ein Gewürz
«Blut ist übrigens nicht gleich Blut», verrät Jüngling, die bereits mit Rinder-, Hühner-, Enten- und Schweineblut gearbeitet hat. «Der Unterschied liegt in der Intensität des Geschmacks. Während Rinderblut stark schmeckt, ist Hühnerblut sehr mild.» Grundsätzlich dürfe man den Eigengeschmack des Blutes nie ausser Acht lassen, warnt die Köchin: «Ich verwende Blut wie ein Gewürz. Es soll mit den restlichen Zutaten harmonieren, aber keinesfalls das Gericht dominieren.»
Margaretha Jüngling
Nachdem sie ihre Kochlehre abgebrochen hatte, verschlug es die junge Bündnerin für einen Stage ins Kopenhagener «Relæ». Geplant war ein Monat, geworden sind es drei Jahre. Nach einer Reise durch die Küchen dieser Welt – von Mexiko über die USA bis nach Thailand und Japan – ist sie seit 2015 zurück in Zürich und realisiert dort ein kulinarisches Projekt nach dem andern.